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Werkzeugkasten DIY und Making

Soft Circuits & Wearables – Gestaltung mit smarten Stoffen

Eckdaten
Ziel des Projekts: Jugendlichen einen kreativ-gestalterischen Zugang zu Technologien und einen alternativen Weg im Umgang mit Elektronik vermitteln sowie den Möglichkeitsraum von Wearable Electronics darstellen, um sie zu eigenen Projekten zu inspirieren
verwendete Technologien
und Werkzeuge:
Lilypad
Arduino
leitfähige Stoffe und Garne
diverse Sensoren und elektronische Bauteile
Altersgruppe der Teilnehmenden: 12-17 Jahre
Kontext der Umsetzung: außerschulische projektbasierte Umsetzung im Rahmen von Wearable Workshops
Zeitrahmen: 2 x 6 Std. (2-tägiger Workshop)

Projektbeschreibung

Das Projekt „Soft Circuits – Gestaltung mit smarten Stoffen“ war ein spannungsgeladener zweitägiger Workshop, der an einem Wochenende in Berlin in den Räumen der OpenDesignCity stattfand. Die Teilnehmer*innen im Alter von 12 bis 17 Jahren erhielten im Vorfeld anhand des Flyers und der Website techcrafters.cc eine erste Vorstellung von möglichen Wearable-Projekten sowie Hinweise zu Tutorials und konnten sich damit ein Bild über die Inhalte des Kurses machen. Der Fokus lag auf „Soft-Wearables“, also jenen, die mit Hilfe von leitfähigen Stoffen und Garnen gestaltet werden. Mit der Anmeldung zum Workshop per Email hatten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit, bereits erste Ideen für ihr Projekt vorab zu formulieren. Im Dialog mit den Workshop-Leiter*innen wurden diese weiter geschärft und im Vorfeld inspirierende Links und Tutorials ausgetauscht.

Auf Basis des Vorwissens über die Interessen der Teilnehmer*innen sowie aus dem bereits bestehenden Wissensfundus der Mentor*innen, wurden die Materialien für den Workshop organisiert. Hierfür wurden einschlägige Plattformen für die Bestellung verwendet (z.B. watterott, reichelt, tinkersoup), aber auch für Shops für den Heimtextilbedarf (z.B. butinette, prym, Karstadt). Des Weiteren bekamen wir Materialspenden für leitfähige Stoffe und Garne von der Firma Statex. Für die Vorbereitung der Workshop-Inhalte wurde auf dokumentierte Projekte und Ideen aus dem Internet zurückgegriffen (z.B. kobakant, high-low-tech, plusea, instructables). Bücher wie „Open Softwear: Fashionable Prototyping and Wearable Computing Using the Arduino“ und „Fashioning Technology“ dienten als Inspirations- und Nachschlagewerke.

Die Mentor*innen trafen sich vorab zur Vorbereitung, tauschten ihre eigenen Ideen aus und erstellten Prototypen, die während des Workshops als Anschauungs- und Inspirationsmaterial dienten. Hier entstanden z.B. leitfähige, flexible Drähte aus Strickliesel-Schläuchen, Schalter aus Reißverschlüssen, ein modulares „Frogpad“ zur flexiblen Verwendung des Lilypads sowie Streichelbuttons und leuchtende Armbänder.

Am ersten Workshop-Tag wurden die vorab erarbeiteten Prototypen präsentiert und somit den Teilnehmer*innen Möglichkeiten für ihre eigenen Projekte vorgestellt sowie weitere Ideenimpulse gegeben. Es entspann sich bereits während des Intros ein lebhafter Gedankenaustausch zu konkreten Fragen bezüglich individueller Projektideen. Einzelne, wiederkehrende Basiselemente aus den Projekten wurden zudem als Handouts aufbereitet und standen während des Workshops als Bauanleitung zur Verfügung.

Der Übergang zur aktiven Projektumsetzungsphase war fließend. Während einige Teilnehmer*innen inspiriert von den Prototypen zunächst ein Konzept auf dem Papier entwickelten, fingen andere direkt mit der Umsetzung ihrer Ideen an – ganz im Sinne des Trial-and-Error-Prinzips. Für uns als Mentor*innen war es wichtig, dass für die individuellen Arbeitsweisen der entsprechende Entfaltungsraum zur Verfügung stand. Dies stellten wir sicher, indem wir den Raum als Werkstatt einrichteten, mit verschiedenen Maschinen und Werkbänken sowie freien Arbeitsflächen, um sowohl das konzeptionelle Arbeiten zu unterstützen als auch den Hands-On-Ansatz zu fördern.

Und das Konzept ging auf, was an der Vielfalt der Projekte deutlich wurde. So hatte eine Teilnehmerin bereits zu Beginn eine konkrete Vorstellung von einem “Gürtel-Tier”, das sie realisierte. In einem aus Filz gestalteten breiten Gürtel integrierte sie ein Mini-Display, das über das Lilypad angesteuert und programmiert werden konnte. Andere ließen sich von den vorgestellten Prototypen inspirieren und entwickelten die hier enthaltenen Ideen weiter. So hatten wir als Anregung einzelne Module wie stoffliche, drucksensitive Schalter vorbereitet sowie aus Strickliesel-Schlangen präparierte Verbindungskabel, die über Druckknöpfe miteinander verbunden und auch wieder gelöst werden konnten. Das inspirierte eine der Teilnehmerin dazu, ein “Frogpad” anzufertigen, bei dem auch die Kontakte des Lilypads über Druckknöpfe angesteuert werden konnten. Damit war es ihr möglich, die Module am Lilypad immer wieder frei kombinieren und austauschen zu können und nicht fest vernähen zu müssen. Wieder andere integrierten die vorgestellten Prototypen in Projekte und wandelten sie ab: So war eines unserer mitgebrachten Beispiele ein Streichelsensor, bei dem der Stromkreis geschlossen wurde, indem man mit der Hand darüber streichelte. Ein Teilnehmer entwarf ein Kleidungsstück und modifizierte die Vorlage so, dass der Sensor auf starken Windzug reagierte.

Während des Workshops waren wir stets zugegen und unterstützen mit aktiver Fragetechnik die Jugendlichen darin, ihr Projekt voranzubringen, wenn sie Hilfe einforderten oder unschlüssig wirkten. Wir ließen ihnen aber auch den Freiraum, wenn sie eine Idee für sich allein weiterentwickeln wollten. Wir hatten nicht auf alle Fragen eine Antwort, aber durch Recherche im Internet, einschlägige Tutorial-Seiten sowie YouTube-Anleitungen haben wir für alle Herausforderungen eine Lösung gefunden. Gerade diese Herangehensweise beflügelte unserer Teilnehmer*innen zum eigenständigen Weiterarbeiten, da sie erlebten, wo und wie sie bei Problemen Hilfe finden.

Am Ende des zweiten Tages wurden die Ergebnisse präsentiert. Das gegenseitige Feedback wurde als sehr hilfreich für die weiteren Schritte wahrgenommen. Der Großteil der Teilnehmenden bekundete Interesse daran, die Arbeiten fortzuführen bzw. weiterzuentwickeln. Zudem wurden Kontaktdaten ausgetauscht, um sich gegenseitig mit Tipps und Links auf dem Laufenden zu halten. Diese Geste verdeutlichte uns, dass wir neben den inhaltlichen Punkten auch unser übergeordnetes Ziel erreicht hatten, den Jugendlichen den Mehrwert der kollaborativen Zusammenarbeit zu vermitteln, zu teilen und voneinander zu lernen. Von einer Person wissen wir, dass sie das Thema intensiv weiterverfolgt und im Rahmen eines Design-Studiums versiertere Wearable-Projekte entwickelt.

Reflexion

Wir waren positiv überrascht, wie selbstständig die Teilnehmer*innen anfingen zu arbeiten. Kapazitiv stand für 5 Teilnehmer*innen 1 Mentor*in zur Verfügung. Aufgrund der sehr individuellen und freien Arbeit wäre ein noch höherer Betreuungsschlüssel (2-3 für 1 Mentor) ideal gewesen. Arbeitet man stärker mit klar definierten Modulen (z.B. Erstellung eines Armbandes) bzw. in einem regelmäßigen Setting (z.B. wöchentlicher Kurs) ist evtl. auch 1 Mentor*in für 8-10 Teilnehmende ausreichend. Ein modularer Ansatz lässt sich zeitlich besser terminieren und planen. Der freie individuelle Ansatz hingegen fördert das eigenständige Ausprobieren, Lernen, Kombinieren und Entwickeln von Ideen mittels der Hände – der Basis für Innovation.

Die Anmeldung per Email funktionierte gut. Für einen Ideenaustausch vorab würde ich in Zukunft neben dem Email-Tool ergänzend auf eine Netzwerk-Seite (z.B. eine Facebook-Gruppe) zurückgreifen, um bereits im Vorfeld stärker miteinander in den Dialog treten zu können und im Nachhinein die Kommunikation zu erleichtern. Das ist auch im Sinne der Nachhaltigkeit ein wesentliches Element. Ein wesentlicher Zugewinn wäre zudem, wenn nach der Veranstaltung auf ein entsprechendes Folge-Event hingewiesen werden kann, um die Projektideen fortsetzen zu können. Ist dies nicht möglich, so können die Teilnehmer*innen auch per Newsletter über weitere Veranstaltungen informiert werden.

Darüber hinaus möchte ich die Jugendlichen dazu ermuntern, ihre Projektarbeiten online zu dokumentieren, um das Teilen mit einer größeren Community zu ermöglichen und dabei auf einschlägige Portale (z.B. instructables.org) hinweisen. Da die Dokumentation ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit ist, um Ergebnisse zu sichern und ein Fortsetzen und Aufbauen zu erleichtern, kann ich mir auch vorstellen, das als festen Modul-Baustein in den Kurs zu integrieren.

Empfehlungen

Der Austausch mit Fachexpert*innen stellt eine Möglichkeit zur schnellen Erweiterung des eigenen Wissens mit hohem Mehrwert dar. Es bietet sich an, z.B. zu einschlägigen Treffen zu gehen, um mit sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Vorerfahrung ist dafür nicht zwingend notwendig und neben den aufschlussreichen Inhalten und Erkenntnissen ist es zudem hochinteressant, die Menschen und ihre jeweiligen Beweggründe kennenzulernen.

In unseren Workshops hat es sich zudem als sehr hilfreich erwiesen, konkrete Beispiele und wenn möglich Prototypen vorzuführen, um ein konkretes Bild bei Teilnehmer*innen sowie Entscheidungsträger*innen zu vermitteln. Sowohl für die weitere Kommunikation als auch zur Ergebnissicherung ist es zielführend, die Teilnehmer*innen zu animieren, ihre Projekte zu dokumentieren und anderen zugänglich zu machen. So können sie sich untereinander zu vernetzen, Erfahrungen austauschen und voneinander lernen. Schließlich ist es wesentlich, nicht zu viel zu planen, sondern einfach zu machen und stets den Freiraum für Kreativität und Neuerungen zu eröffnen.

Autorin

Dr. Julia Kleeberger ist seit 2009 Mitglied der Maker-Szene in Berlin und gibt ihre Begeisterung für den kreativen Umgang mit Technologien in Seminaren an Kunsthochschulen und in Kreativ-Workshops weiter. Mit ihrer Initiative „Junge Tüftler“ bietet sie auch Kids einen spielerischen Zugang zur digitalen Welt. Neben ihrer Leidenschaft, Menschen für den kreativen Umgang mit Technologien zu begeistern, arbeitet Julia als Designstrategin im Bereich Geschäftsfeld-Innovation bei der Volkswagen AG.
www.techcrafters.cc
www.junge-tueftler.de
www.julea.de