Seit 2021 ist die Anzahl an Kindern und Jugendlichen, die von Cybermobbing-Erfahrungen berichten, rasant gestiegen. War es laut der SINUS-Studie 2024 vor vier Jahren noch knapp die Hälfte, sind es seit dem vergangenen Jahr zwei Drittel. Laut der Studie ist der Grund für diesen Anstieg in erster Linie, dass immer mehr Kinder und Jugendliche bemerken, wenn andere von Cybermobbing betroffen sind. Das kann zum einen daran liegen, dass nun allgemein ein höheres Bewusstsein für Cybermobbing herrscht und infolgedessen mehr Heranwachsende das Phänomen akkurat identifizieren können. Zudem könnte die stärkere Sensibilisierung für Cybermobbing in den letzten Jahren zur einer Enttabuisierung des Themas geführt haben, wodurch sich weniger Kinder und Jugendliche schämen, darüber zu reden (SINUS-Studie 2024).
Trotzdem muss fortlaufend Aufklärungsarbeit geleistet werden, denn die Zahl der Betroffenen und Täter*innen bleibt weiterhin auf dem gleichen Niveau und über 57 Prozent der Jugendlichen begegnen jeden Monat beleidigenden Kommentaren im Internet (SINUS-Studie 2024; JIM-Studie 2024). Zudem ist ein Viertel der Fälle von psychischer Gewalt an Schulen auf Cybermobbing zurückzuführen (DGUV Barometer 2024). Um effektiv gegen Cybermobbing vorgehen zu können, ist es wichtig das Phänomen und seine Formen verstehen, erkennen und dagegen handeln zu können.
Cybermobbing wird definiert als „das gezielte Fertigmachen, Bedrohen, Demütigen und Belästigen anderer Personen über Online-Angebote wie Soziale Medien und Messenger. Die Täter*innen mobben meistens systematisch über einen längeren Zeitraum und kennen ihre Opfer in der Regel persönlich“ (WAKE UP!). Die derzeit häufigsten Formen von Cybermobbing sind Beleidigungen (74%), Gerüchte (52%), soziale Ausgrenzung (33%), Belästigung (26%) und das Posten von peinlichen Videos oder Bildern (32%) sowie von Geheimnissen und vertraulichen Informationen (23%) (SINUS-Studie 2024). 29 Prozent der Jugendlichen haben darüber hinaus schon einmal Erfahrungen mit sexueller Belästigung in Verbindung mit Hass und Mobbing im Internet gemacht (JIM-Studie 2024). Kinder und Jugendliche mit einem formal niedrigen Bildungshintergrund sind dabei überdurchschnittlich häufig von Cybermobbing betroffen. Mädchen äußern häufiger mit bestimmten Formen von Cybermobbing wie Gerüchten, Beleidigungen oder sexualisierten Kommentaren in Kontakt zu kommen als Jungen (SINUS-Studie 2024; JIM-Studie 2024).
Cybermobbing findet vor allem auf den bei jungen Menschen beliebtesten Plattformen statt, z.B. über WhatsApp (50%), TikTok (43%), Instagram (38%), Snapchat (27%) und in Online-Foren bzw. Chatrooms (23%) (SINUS-Studie 2024; JIM-Studie 2024).
Die wichtigsten Anlaufstellen für Betroffene sind weiterhin die eigenen Eltern (70%) sowie Freund*innen (43%). Aber auch Lehrer*innen und Tutor*innen werden von etwa einem Viertel als vertrauenswürdige Ansprechpartner*innen wahrgenommen. Insgesamt werden schulische Hilfsangebote jedoch vom Großteil als wenig hilfreich eingestuft oder den Befragten sind erst gar keine Angebote oder Aktivitäten gegen Cybermobbing an ihrer Schule bekannt (SINUS-Studie 2024). Online-Beratungsstellen und -Hilfsangebote werden ebenso wenig genutzt, entweder weil sie der Mehrheit nicht bekannt sind oder die Nutzung als zu umständlich betrachtet wird (SINUS-Studie 2024; Lauter Hass — leiser Rückzug). Fast ein Viertel der Opfer ignoriert das Problem überdies einfach oder versucht es selbst zu lösen. Weitere 5 Prozent wissen nicht, an wen sie sich wenden können. Vor allem formal Niedriggebildete, eine der vulnerabelsten Gruppen, wenden sich nur selten an Lehrkräfte und Freund*innen und versuchen ihre Probleme stattdessen selbstständig zu lösen (SINUS-Studie 2024).
Es gilt also, Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrem Alter, Geschlecht oder Bildungsstand über die Merkmale, Erscheinungsformen und Folgen von Cybermobbing aufzuklären und auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen. Lehrkräfte sollten das Thema nicht nur im Unterricht stärker behandeln, sondern idealerweise auch als Anlaufstellen im Notfall wahrgenommen werden. Des Weiteren müssen Schulen bessere Infrastrukturen gegen Cybermobbing ausbauen und deren Existenz für Schüler*innen kenntlich machen.
Einige hilfreiche Lern- und Unterstützungsangebote zu Cybermobbing haben wir deswegen hier als Überblick für Sie zusammengestellt: