Alle zwei Jahre gibt der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest die KIM-Studie heraus, zuletzt im Jahr 2022. Die Studie erfasst Daten zum Medienalltag von Kindern zwischen 6 und 13 Jahren. Dazu wurden auch in 2024 erneut Kinder aus ganz Deutschland gemeinsam mit ihren Ersterziehenden zu ihrer Mediennutzung, medienerzieherischen Regelungen in der Familie sowie Problemen und Gefahren online befragt. Die Studie und ihre Ergebnisse stützen sich auf eine repräsentative Stichprobe.
Vor dem Hintergrund der geplanten Handyverbote in vielen Bundesländern wurde dieses Jahr spezifisch nach Regelungen bezüglich der Smartphonenutzung an Schulen gefragt. Außerdem wurden die Kinder darum gebeten, ihre Kompetenzen im Umgang mit Medien und Technik selbst einzuschätzen.
Klassische Freizeitaktivitäten wie Freunde treffen, freies Spielen drinnen und draußen sowie Unternehmungen mit der Familie zählen weiterhin zu den beliebtesten Beschäftigungen unter Kindern. Allerdings verzeichneten Bewegtbildangebote online sowie die Handy- und Smartphonenutzung im vergangenen Jahr signifikante Zuschläge. Jeweils 10 bzw. 5 Prozentpunkte (PP) legten die beiden Aktivitäten zu. Dabei werden gerade diese Medienangebote vorwiegend ohne Begleitung der Eltern genutzt: Immer mehr Eltern lassen ihr Kind allein Spiele am Handy (77 %) oder Tablet (64 %) spielen, im Internet surfen (59 %) oder Streamingdienste und Videoplattformen nutzen (52 %).
Seit der letzten Erhebung 2022 ist zudem die Anzahl der Kinder, welche ein eigenes Smartphone besitzen, auf knapp unter die Hälfte angestiegen. Diese 6- bis 13-Jährigen begleitet das Gerät überall hin — auch in die Schule. 82 Prozent der Kinder bringen ihr Handy mit in die Schule, auch wenn nur etwas über drei Viertel der Befragten dies tatsächlich dürfen. Dennoch bleibt das Handy bei der Mehrheit während des Schultages in der Tasche: 72 Prozent der Schüler*innen nutzen in den Pausen keine Medien, einschließlich ihres Mobiltelefons. Und das, obwohl die Nutzung bei 63 Prozent in den Pausen erlaubt wäre. Schulen, welche die Smartphonenutzung prinzipiell verbieten (22 %), sie auf den Unterricht beschränken (13 %) oder ohne Einschränkung erlauben (3 %), stellen dagegen die Minderheit dar.
Tatsächlich haben Smartphones und andere digitale Geräte ihre Daseinsberechtigung im Unterricht an vielen Stellen schon längst bewiesen. Durch den „Digitalpakt Schule“ ist die Zahl der Klassenräume, welche mit Whiteboards, Smartboards und Tablets ausgestattet sind, seit 2022 um fast 10 Prozentpunkte gestiegen. Aber auch Laptops, Smartphones und Computer sind in einem Fünftel der Schulen verfügbar. Am häufigsten werden diese für Recherchearbeiten oder Erklärvideos zu Unterrichtsthemen, für den Zugang zur Schulcloud bzw. -plattform sowie zum Erlernen des Umganges mit gängigen Text- und Präsentationsprogrammen eingesetzt. Der Einsatz von digitalen Lernspielen und Künstlicher Intelligenz bleibt hingegen sowohl an den Schulen als auch bei der schulischen Arbeit zu Hause wenig verbreitet.
Doch trotz der verbesserten technischen Ausstattung schätzen sich die Kinder in diesem Jahr tendenziell als weniger kompetent in Sachen Medien und Technik ein. Während die meisten angeben, Fähigkeiten wie Nachrichten verschicken (51 %), allein ins Internet gehen (48 %) und Bilder und Videos posten (40 %) sehr gut zu beherrschen, fallen die Werte bei komplexeren Fragen rund um Datenschutz- und Privatsphäre-Einstelllungen (16 %), der Erstellung einer Gruppe bei Messengerdiensten (20 %) oder dem Blockieren und Melden anderer Nutzer*innen (26 %) bereits deutlich niedriger aus. Trotz besseren technischen Mitteln scheint es also noch immer an Medienbildung zu mangeln. Das Modul „Persönliche Daten“ kann Lehrkräfte beispielsweise dabei unterstützen, Kompetenzen in Bezug auf Datenschutz und Privatsphäre gemeinsam mit ihren Schüler*innen auszubauen.
Im Kern sind die Herausforderungen und Risiken, denen Kinder im Internet begegnen, seit der KIM-Studie 2022 gleichgeblieben. Jedoch nimmt die Anzahl der Betroffenen stetig zu. Während in 2022 noch rund 5 Prozent der Kinder mit Inhalten in Kontakt gekommen sind, für die sie noch zu jung waren, sind es 2024 ganze 8 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung gab es bei Inhalten, die den Kindern unangenehm waren oder die ihnen Angst gemacht haben. Besonders Erotik-, Sex- und Pornoseiten kommen Kindern vermehrt unter und werden noch vor Horror-, Monster- und Geistervideos und Gewaltszenen als angsteinflößend eingestuft. Mit dem Alter steigt der Anteil der Kinder, welche mit altersunangemessenen Inhalten in Berührung kommen, zudem drastisch von 3 Prozent bei den 6- bis 7-Jährigen auf 12 Prozent bei der ältesten Altersgruppe an.
Dennoch nimmt nur etwa ein Drittel der Eltern Sicherheitseinstellungen an den Geräten ihrer Kinder vor. Zwar erkennen 86 Prozent, dass das Internet Gefahren für ihr Kind bergen kann, jedoch verlassen sie sich eher auf Nutzungsregelungen und medienfreie Zeiten innerhalb der Familie statt auf technischen Jugendmedienschutz. Warum gerade der Jugendmedienschutz wichtig ist, wird im Modul „Grundlagen des Jugendmedienschutzes“ erläutert. Die darauf aufbauende Unterrichtseinheit „Jugendmedienschutz im Internet“ geht im Anschluss näher darauf ein, wie Jugendmedienschutz konkret im Internet aussieht und an welche Anlauf- und Beratungsstellen man sich wenden kann.
Darüber hinaus ist der Großteil der Kinder Mitglied in mindestens einer WhatsApp-Gruppe. Am verbreitetsten sind Klassengruppen (63 %), Gruppen mit Freund*innen (61 %) und Familiengruppen (46 %). Auf der einen Seite können diese Gruppen hilfreich sein, um mit dem sozialen Umfeld in Kontakt zu bleiben und den Alltag zu planen. Allerdings werden 12 Prozent der Kinder, welche nicht Teil einer Klassengruppe sind, systematisch ausgegrenzt. Eine solche Situation kann nicht nur zu Cybermobbing, sondern auch zum Ausschluss aus dem Klassenverbund über den digitalen Raum hinaus führen. Diese Thematik wird in dem Modul „Kommunikation im Netz“ behandelt und kann im Unterricht dazu eingesetzt werden, um problematische Verhaltensweisen im Internet aufzuzeigen und Strategien dagegen zu vermitteln.