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Jugendliche online

Jugendliche online: Ziel, Relevanz und Hintergrund

Ziel

Welche Bedeutung haben digitale Medien und das Internet für die Lebenswelt von Jugendlichen? Was bedeutet es für sie, online zu sein? Und wie können sie sich kompetent und selbstbestimmt in ihren Onlinewelten bewegen?

Die vorliegende Unterrichtseinheit soll Schüler*innen für zentrale Herausforderungen bei der Nutzung von Onlinemedien sensibilisieren. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Vielmehr sollen Themen angesprochen werden, die eine wichtige Rolle für Jugendliche spielen. Dazu gehören v. a. die Onlinekommunikation, Unterhaltungsformate, der Umgang mit persönlichen Daten, und auch die interessengeleitete Suche nach Inhalten. Besonders bedeutsam in der Unterrichtseinheit sind Phasen zur Selbstreflexion der persönlichen Onlinemediennutzung. Neben theoretischen und selbstreflexiven Inhalten dieser Einheit finden sich auch immer wieder praktische Aufgaben, die unterstützend bzw. beispielhaft zur Erreichung des Lernziels beitragen sollen.

Relevanz der Internetnutzung von Jugendlichen

Medien gehören zum Alltag von Jugendlichen, sie sind in der digitalen Welt zu Hause und nutzen Onlineangebote selbstverständlich. Dabei trennen sie – im Gegensatz zu vielen Erwachsenen – das Internet nicht von ihrer »realen« Lebenswelt, sondern verstehen es als einen Teil davon. Freundschaften werden in der Schule und in Sozialen Medien gepflegt, Lernen findet nicht nur in der Schule statt, sondern auch im Internet, Computerspiele sind ein genauso anerkanntes Hobby wie das Fußballspiel mit Freund*innen.

Obwohl die tägliche Internetnutzungsdauer bereits auf hohem Niveau liegt, hat sie – auch bedingt durch die Coronapandemie – noch weiter zugenommen.
Nach Einschätzung der Jugendlichen ist sie von 205 Minuten im Jahr 2019 auf 241 Minuten im Jahr 2021 gestiegen.[1]
Mit 95 Prozent liegt die tägliche oder mehrmalige wöchentliche Nutzung von Internet und Smartphone bei Jugendlichen auf Platz 1 bei der Mediennutzung, und sie kommen insgesamt auf eine tägliche Brutto-Mediennutzungsdauer von acht Stunden und einundzwanzig Minuten. Durch parallele Mediennutzung, also die zeitgleiche Verwendung von Smartphone, Computer bzw. Fernsehen oder Radio, ergibt sich bei den Jugendlichen sogar ein Wert von täglich zehn Stunden und einundzwanzig Minuten.[2]
Nach unterschiedlichen Bereichen ihrer Onlineaktivitäten gefragt, gaben Jugendliche im Jahr 2020 34 Prozent für Unterhaltung an, z. B. für Musik hören oder Videos anschauen, 28 Prozent für Spiele, 27 Prozent für Kommunikation und 11 Prozent für die Informationssuche.[3]

Funktionen von Medien für Jugendliche

Medien bedienen die Bedürfnisse von Jugendlichen nach Unterhaltung, Information, Kommunikation und Orientierung bei wertebezogenen Fragen. Darüber hinaus bieten sie einen Bezugsrahmen für die jugendliche Alltags- und Lebenswirklichkeit mit verschiedenen Jugendkulturen und den zugehörigen Haltungen. Dabei ist das Internet auch ein Erfahrungsraum, der oftmals fern der elterlichen Kontrolle erkundet werden kann.

»Jugendliche erweitern mit Medien ihre Handlungs- und Orientierungsspielräume.
Dabei entwickeln sie im Idealfall komplexe Sichtweisen auf die Welt und
das eigene Selbst. Welche Relevanz Medien im Alltag und in den Biografien von
jungen Menschen entfalten, hängt allerdings von vielen Faktoren ab: Neben den
Medieninhalten und der medialen Kommunikation sind dies etwa das Alter, das
soziale Umfeld, der familiäre Kontext oder der sozioökonomische Hintergrund.
Jugendliche nutzen Medien, um sich die Welt anzueignen, zu verstehen und zu
interpretieren. Sie wirken über Medien in ihre Umwelt und in die Gesellschaft
hinein. Sie haben im Umgang mit Medien Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten,
werden zugleich aber auch von Medien in vielen Persönlichkeitsbereichen
beeinflusst. Um Entwicklungsaufgaben zu bewältigen, können
Medieninhalte und Medienkommunikation dazu dienen, sich mit bestimmten
Charakteren zu identifizieren, sich selbstbestimmt im Netz zu zeigen, neue
soziale Zugehörigkeiten zu entwickeln oder Herausforderungen medial zu
bearbeiten und zu meistern.«[4]

In ihrem Medienportfolio haben besonders Soziale Medien für Jugendliche vielfältige Funktionen. Die Bandbreite reicht von Identitäts- und Beziehungsmanagement über den Informationsaustausch bis hin zur Alltagsorganisation. Jugendliche inszenieren sich hier mit ihren Interessen und ihren Netzwerken für ihr soziales Umfeld und suchen nach Anerkennung und Gleichgesinnten bzw. neuen Freund*innen. Sie können passiv konsumieren oder aktiv kommunizieren sowie verschiedenste Informationen austauschen und finden, die wichtig für die Anschlusskommunikation in ihrer Peergroup sind. Soziale Medien bieten einfache Möglichkeiten, um mit Freund*innen in Kontakt zu bleiben bzw. zu erfahren, was dort aktuell ist, oder um sich zu verabreden. Auch messen Jugendliche die eigene Beliebtheit an der Anzahl der Freund*innen und Likes. »Ein Leben ohne Social Media ist für jeden zweiten Jugendlichen nicht vorstellbar.«[5]

Kommunikation: Messenger und Soziale Medien

Vom Instant Messenger bis hin zu Sozialen Netzwerken und Chatprogrammen können für unterschiedliche Kommunikationsbedürfnisse die passenden Dienste ausgewählt werden.
Zur Kommunikation verwenden Jugendliche v. a. Messengerdienste. Hier nutzen nahezu alle Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 24 Jahren (99 Prozent) insbesondere WhatsApp (96 Prozent), Social-Media-Messenger (88 Prozent) oder Snapchat (67 Prozent). Die meisten Jugendlichen verwenden mehrere Messengerdienste.
76 Prozent nutzen die Messengerdienste mehr als eine Stunde und 23 Prozent sogar mehr als vier Stunden täglich. An erster Stelle steht dabei der private Austausch mit Freund*innen, aber auch mit der Familie. Je nachdem, welcher Messengerdienst genutzt wird, steht dann der Austausch über Schule oder Beruf, die Koordination organisatorischer Fragen oder die Unterhaltung an zweiter Stelle.[6]

Jugendliche empfinden geschlossene Einzel- oder Gruppenchats als privaten und geschützten Raum. Dort trauen sie sich eher, ihre Meinung zu vertreten. In Chats der Messengerdienste sind die Nachrichten bzw. Inhalte der Jugendlichen von Dritten nicht einsehbar und bei einigen Diensten (z. B. WhatsApp, Threema, Signal) so verschlüsselt, dass auch die Betreiber die Inhalte nicht sehen können.

Bei der Nutzung Sozialer Medien für die Kommunikation steht der Unterhaltungszweck im Vordergrund. Grundsätzlich ist zu beobachten, dass sich die kommunikativen und unterhaltenden Aspekte in den Anwendungen immer stärker vermischen, was sich auch in der Annäherung der Nutzungszeiten von Kommunikation und Unterhaltung zeigt (siehe »Mediennutzung von Jugendlichen«).

Beleidigungen, Mobbing und Falschnachrichten

Jugendliche müssen in ihrer Onlinekommunikation auch mit Konflikten, negativem Verhalten und Kontakt- und Interaktionsrisiken umgehen können. Da gibt es vielleicht eine Auseinandersetzung oder einen Konflikt in der Messengergruppe bzw. im Spielechat, oder sie sind mit abwertenden Äußerungen und Posts konfrontiert, die sich im Internet schnell und unkontrolliert verbreiten können.

Bei Cybermobbing steht meistens eine Person im Fokus von persönlichen Anfeindungen, Beleidigungen, Bloßstellungen oder Bedrohungen über Soziale Medien oder Messengerdienste, die über einen längeren Zeitraum stattfinden.

Bei sogenannten Hassreden werden im Unterschied zu Cybermobbing ganze Teile der Gesellschaft angegriffen bzw. diskriminiert, z. B. wegen ihres Geschlechts, ihrer Religion, Sexualität oder Herkunft.[7]

29 Prozent der Jugendlichen gaben 2020 an, »dass schon mal jemand beleidigende oder falsche Sachen über sie selbst im Netz oder via Handy verbreitet hat (…) und 16 Prozent, dass schon einmal beleidigende Bilder oder Videos von ihnen ohne Einwilligung gepostet wurden«.[8] So haben 38 Prozent der Jugendlichen bereits erlebt, dass jemand im Internet absichtlich fertig gemacht wurde, und 11 Prozent sind sogar schon einmal selbst Opfer einer solchen Attacke geworden. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen gibt an, innerhalb eines Monats im Internet mit Hassbotschaften, extremen politischen Ansichten und Verschwörungstheorien konfrontiert gewesen zu sein. 47 Prozent nahmen beleidigende Kommentare und 42 Prozent Fake News wahr.[9] Auch bei der Kommunikation über Messengerdienste haben über die Hälfte der Jugendlichen bereits Mobbing oder Hassrede mitbekommen und ein Drittel wurde sogar selbst beleidigt, bedroht oder gemobbt.[10]
Darüber hinaus können Kontaktrisiken wie Sexting und Cybergrooming in der Onlinekommunikation von Jugendlichen auftreten. Ständig erreichbar sein, auf verschiedenen Plattformen sichtbar sein oder in den inszenierten Wirklichkeiten der Sozialen Medien mithalten zu müssen, sind weitere Stressfaktoren.[11]

Unterhaltung: Bewegtbild, YouTube und Influencer*innen

Musik hören, Videos, Serien oder Filme schauen und die Nutzung Sozialer Medien steht bei Jugendlichen im Mittelpunkt, wenn es um Unterhaltung geht. Dafür werden verschiedene Streaminganbieter, Mediatheken, Videoplattformen wie YouTube oder Soziale Netzwerke wie Instagram genutzt. Bewegtbildangebote werden von Jugendlichen regelmäßig auf Netflix geschaut oder auf YouTube abgerufen. Hier sind die wichtigsten Videogenres mit etwa 50 Prozent sowohl bei den Mädchen wie auch bei den Jungen das Musikvideo, dem folgen Videos von YouTuber*innen/Influencer*innen, die von ihrem Alltagsleben erzählen oder sich mit Themen wie Mode, Beauty oder Gaming beschäftigen (29 Prozent). Influencer*innen sind neben YouTube auch auf den Plattformen wie z. B. Instagram oder TikTok zu finden. Pranks/Spaßvideos liegen bei 27 Prozent und Let’s-play-Videos bei 25 Prozent.[12]

Darüber hinaus haben Onlinespiele, wenn es um Spaß und Unterhaltung geht, v. a. bei Jungen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren einen hohen Stellenwert. 84 Prozent der Jungen spielen täglich oder zumindest mehrmals pro Woche. Bei Mädchen sind es nur 59 Prozent.[13]

In allen Unterhaltungsformaten sind Jugendliche gefordert, gezeigte Rollenmodelle und Inszenierungen zu hinterfragen und zu verstehen. Die Nähe zu ihrer Zielgruppe macht Influencer*innen z. B. für die Platzierung von Werbebotschaften interessant und eröffnet Unternehmen wirkungsvolle Märkte und Marketingstrategien. Die Form, wie Influencer*innen sich und ihr Leben in den Sozialen Medien präsentieren, ist meistens von stereotypen Schönheits- und Rollenbildern geprägt. Impulse für alternative realere Bilder müssen erst einmal gefunden werden. Die Algorithmen, die die Auswahl der nächsten Videos vorschlagen, um die Nutzer*innen auf der Plattform zu halten, richten sich nämlich nach ihren bisherigen Sehgewohnheiten.

Jugendliche sind auch gefragt, ihre eigene Rolle als Konsument*in sowie ihre Faszination für Onlineunterhaltungsformate und deren Protagonist*innen zu reflektieren. Dazu gehört, populäre Unterhaltungsphänomene wie Challenges oder Binge-Watching für sich einordnen zu können. Ein weiteres Thema im Unterhaltungsbereich ist die Unterscheidung zwischen Meinung und Fakt sowie Realität und Fiktion (siehe auch die Unterrichtsthemen »Meinung im Netz gestalten« oder »Realität und Fiktion in den Medien«).

Informationen: Suchmaschinen und YouTube

Milliarden von Webseiten im Internet bieten Informationen zu nahezu allen Interessen. Ohne Suchmaschinen wäre es kaum möglich, effektiv die möglichst passenden Antworten auf die jeweiligen Suchanfragen zu finden. Ob Google, Bing, Yahoo oder DuckDuckGo – Suchmaschinen organisieren, strukturieren und aktualisieren die Informationsfülle im Internet nach Schlagworten und geben abhängig von ihren zugrunde liegenden Sucharchitekturen und Algorithmen entsprechende Ergebnisse aus. Zur Optimierung dieser Dienste tragen die weltweiten Suchanfragen bei. Google als Marktführer erhielt im Jahr 2019 täglich rund 3,5 Milliarden Suchanfragen, davon etwa 15 Prozent, die erstmals gestellt wurden (zum Vergleich: DuckDuckGo erhielt im Januar 2021 täglich etwa 90 Millionen Suchanfragen).[14] Auch YouTube wird zunehmend als Suchmaschine nicht nur für Unterhaltungsangebote, sondern auch für Tutorials etc. genutzt und hat eine enorme Reichweite. Die Top-10-Videos aus dem Jahr 2020 erreichten insgesamt 356 Millionen Aufrufe.[15]

Die kostenlos verfügbaren Suchdienste werden überwiegend durch Werbung finanziert, d. h. durch die Schaltung von Anzeigen neben relevanten Suchergebnissen. Das Prinzip beruht u. a. auf einem komplexen System aus Gewichtung von Webseiten. Hierzu zählen die Popularität (abgeleitet von Verweisen, Links und Seitenaufrufen), die Relevanz, die Aktualität sowie die Zuverlässigkeit einer Seite. Die Position in einer Suchergebnisanzeige ist unabhängig von ihrer Qualität. Algorithmen entscheiden letztlich, was angezeigt oder ausgelassen wird, auch unter Berücksichtigung der individuellen Nutzer*innenvorlieben. Dahinter liegen gewaltige Märkte, deren Mechanismen entsprechenden Einfluss auf die Weiterentwicklung von Onlinediensten wie Suchmaschinen oder auch Sozialen Medien haben bzw. sich gegenseitig bedingen.

Jugendliche haben das Bedürfnis, sich zu informieren, und das Internet bietet ihnen vielfältige Lern- und Informationsangebote. Entsprechend geben die Jugendlichen an, folgende Angebote zur Suche nach Informationen zum aktuellen Tagesgeschehen täglich oder mehrmals pro Woche zu nutzen:[16]

→ 41 Prozent Google
→ 30 Prozent Instagram
→ 26 Prozent YouTube
→ 24 Prozent Google News
→ 22 Prozent TikTok
→ 20 Prozent vorinstallierte Newsfeeds bzw. Newswidgets auf dem Handy
→ 20 Prozent Onlineangebote von TV Sendern/Radiosendern
→ 17 Prozent Onlineangebote von Zeitungen/Zeitschriften
→ 16 Prozent spezielle Nachrichten-Apps
→ 13 Prozent Snapchat
→ 12 Prozent E-Mail-Provider wie gmx, web.de, t-online

Aber auch wenn Onlinedienste leicht zu bedienen sind, muss die eigentliche Suche und Bewertung von Informationen im Internet von Jugendlichen gelernt werden. Um Suchergebnisse einordnen zu können, brauchen sie neben einem Grundverständnis für die Marktmechanismen auch das Bewusstsein, dass Informationen kritisch betrachtet und ggf. hinterfragt werden sollten. Die Informationen können abhängig von den Urheber*innen interessengeleitet oder subjektiv formuliert sein, veraltet oder auch einfach falsch sein. Das gilt für unbeabsichtigte Falschinformationen ebenso wie für Desinformation oder Hassrede (siehe auch die Unterrichtseinheiten »Medien in die Schule: Hass in der Demokratie begegnen« und »Meinung im Netz gestalten, Modul 5: Desinformation online«). Neben der Beurteilung von Informationen ist darüber hinaus auch die Kenntnis verschiedener Suchstrategien wichtig, um eine breitere Informationsauswahl zu finden.

Daten: Datenspuren und Datenschutz

Online zu sein bedeutet auch immer, Daten preiszugeben. Ob Kommunikation, Unterhaltung oder Suche – durch die Nutzung der Angebote im Internet werden Datenspuren hinterlassen, selbst ohne direkte Anmeldung bei einzelnen Diensten.
Die Internetökonomie fußt auf der Sammlung, Verknüpfung und Analyse von Daten. Dazu gehören personenbezogene Daten ebenso wie Metadaten (zweckabhängig strukturierte Daten über Daten). Ständig online zu sein liefert Informationen zu Nutzungsroutinen und wird durch Kombination mit Daten zu bevorzugten Seitenaufrufen, Shoppinggewohnheiten, Standortdaten, Abonnements etc. zu aussagekräftigen Profilen. Durch mobiles Internet wird insbesondere das Smartphone zum Datensammler und die Nutzer*innen zu Datenlieferant*innen für Geschäftsmodelle.

Die Sensibilisierung für diese Zusammenhänge und das Wissen über technische Prozesse, die im Hintergrund laufen (z. B. Cookies, Tracking) sind nicht nur für den Datenschutz wichtig, sondern auch für das individuelle Sicherheitsbedürfnis und die Fähigkeit, zwischen Risiko und Nutzen bei dem Gebrauch von Onlinediensten abzuwägen. Dazu gehört ebenso das Problembewusstsein für den Schutz der Privatsphäre, auch im Umgang mit Daten anderer Personen und deren Sichtweise darauf.

Der Schutz personenbezogener Daten ist zwar grundsätzlich durch die Datenschutz-Grundverordnung gestärkt, ist aber für Jugendliche eher abstrakt. Die Themen Datenschutz, Datensicherheit bzw. Sicherheitseinstellungen bei Onlineaktivitäten sowie der Umgang mit AGBs sind für sie eine Herausforderung. Aber die Zustimmung zur Weitergabe eigener Daten, zur Verbesserung eines Dienstes oder zur Weitergabe an dessen Partner ist schneller erteilt, als die AGBs durchzulesen und mögliche Folgen daraus abzusehen. Besonders schnell passiert das bei scheinbar kostenlosen Angeboten.

Zur Verunsicherung der Jugendlichen tragen u.a. auch bekannt gewordene Datenschutzpannen, versehentlich veröffentlichte Partyeinladungen oder auch das Wissen um Identitätsdiebstahl und Kontaktrisiken bei. Nicht zuletzt fürchten sie sich vor dem Kontrollverlust über ihre Daten und davor, dass ihr Ruf dadurch Schaden nehmen könnte.[17]
Jugendliche sehen die Verarbeitung ihrer Daten zwar kritisch, sie möchten aber dennoch nicht auf die kostenlose Nutzung der Dienste verzichten.[18] Umso wichtiger ist entsprechendes Hintergrundwissen, um die Relevanz des Themas »Daten und Datenschutz im Internet« zu verdeutlichen.

Hintergrund

Das Internet hat wie kaum ein anderes Medium Einfluss auf gesellschaftliche Transformationsprozesse. Es ist Grundlagentechnologie und Leitmedium gleichermaßen. Die Vernetzung – und damit das Internet – ist der wesentliche Aspekt der Digitalisierung.

Der Einsatz digitaler Werkzeuge verändert Organisationsstrukturen, Informations- und Wissensmanagement sowie Kommunikationsprozesse sowohl in der Arbeitswelt als auch im privaten Raum. Dazu gehören neue Arbeitsweisen wie z. B. Cloud-Computing, Fernzugriff auf Server, Screen-Sharing, Datenübertragungen am Arbeitsplatz oder im Homeoffice, aber auch Lernsituationen wie Webinare und Homeschooling bzw. individualisiertes Onlinelernen. Internetbasierte Kommunikationswerkzeuge wie Videotelefonie und -konferenzen und Instant-Messaging verändern die Kommunikation und Kontaktpflege im privaten und beruflichen Umfeld. Warenflüsse verändern sich durch neue Produktionsbedingungen und Logistiken bzw. Handelswege und haben Auswirkungen auf Konsummöglichkeiten. Die Struktur und die Gestaltungsmöglichkeiten der Internetangebote ermöglichen gleichermaßen Konsument*in und Produzent*in (Prosument*in) zu sein, mit entsprechenden Effekten auf das Gefüge der Unterhaltungs- und Informationsangebote.
Inhalte sind weltweit, unmittelbar und oftmals auch frei verfügbar. Raum und Zeit werden neu definiert. Lokales und Globales kann gleichermaßen nebeneinander stehen, und sofortige Verfügbarkeit bzw. Beschleunigung sind die Geschwindigkeitsparameter. Das Internet und die Sozialen Netzwerke mit den verschiedenen Informations- und Kommunikationsangeboten sind nicht zuletzt durch zunehmende Medienkonvergenz ein Leitmedium mit starkem Einfluss auf die öffentliche Meinung. Das alles hat auch Auswirkungen auf rechtliche Fragestellungen zum Umgang mit Daten bzw. Datenschutz und Urheberrechten und den persönlichen Umgang damit. Dabei bedeutet Digitalisierung nicht nur, bislang analoge Prozesse anzupassen und digital umzusetzen. Zum erfolgreichen und verantwortungsbewussten Gelingen gehören auch entsprechend veränderte Denkweisen, Haltungen sowie ein anderes Selbstverständnis, kurz: ein verändertes Mindset.

Verantwortliches Handeln im Internet und das Wissen um die Konsequenzen des eigenen Tuns auf individueller und gesellschaftlicher Ebene (auch im globalen Zusammenhang), erfordert Kenntnisse über Hintergründe und Zusammenhänge sowie Reflexionsvermögen und einen Diskurs über den sozialen Kontext technologischer Entwicklungen und ihrer Nutzung, um Gesellschaft aktiv und selbstbestimmt mitgestalten zu können.

 

[1] Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (MPFS) (Hrsg.)(2021): JIM-Studie 2021. Jugend, Information, Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Stuttgart. S. 33; https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2021/JIM-Studie_2021_barrierefrei.pdf; Abgerufen am 13.12.2021.
[2] Ebd., S. 13 und ARD/ZDF Forschungskommission (2020): Langzeitstudie ARD/ZDF Massenkommunikation 2020. S. 37; https://www.ard-zdf-massenkommunikation.de/files/Download-Archiv/MK_2020/MK_2020_Publikationscharts_final.pdf; Abgerufen am 27.09.2021.
[3] Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (MPFS) (Hrsg.) (2020) JIM-Studie 2020. S. 34.; https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2020/JIM-Studie-2020_Web_final.pdf; Abgerufen am 11.01.2022.
[4] Siller, Friederike (2020): Welche Bedeutung haben Medien für Jugendliche? In: 3 Fragen an Prof. Dr. Friederike Siller, Institut für Medienforschung und Medienpädagogik, Technische Hochschule Köln, Projekt weitklick 2020; https://www.weitklick.de/webinare/3-fragen-prof-dr-friederike-siller-i-professorin-am-institut-fuer-medienforschung-und; Abgerufen am 27.09.2021.
[5] Bitkom e. V. (2018): Jeder Dritte kann sich ein Leben ohne Social Media nicht mehr vorstellen; https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Jeder-Dritte-kann-sich-ein-Leben-ohne-Social-Media-nicht-mehr-vorstellen.html; Abgerufen am 08.04.2024.
[6] Vgl. Vodafone Stiftung Deutschland gGmbH (2021): Generation Messenger. Eine repräsentative Befragung junger Menschen zur Nutzung von Messengerdiensten. Düsseldorf; https://www.vodafone-stiftung.de/wp-content/uploads/2021/03/Studie_Vodafone-Stiftung_Generation-Messenger_2021.pdf; Abgerufen am 27.09.2021.
[7] Vgl. Elternguide.online (2020): Hetze im Netz; https://www.elternguide.online/hetze-im-netz/; Abgerufen am 27.09.2021.
[8] Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (MPFS) (Hrsg.) (2020): JIM-Studie 2020. S. 60.
[9] Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (MPFS) (Hrsg.) (2021): JIM-Studie 2021. S. 61ff.
[10] Vgl. Vodafone Stiftung Deutschland gGmbH (2021): Generation Messenger.
[11] Calmbach, Marc; Flaig, Bodo; Edwards, James; Möller-Slawinski, Heide; Borchard, Inga; Schleer, Christoph (2020): SINUS- Jugendstudie. Wie ticken Jugendliche? 2020. Lebens- welten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland. (nicht repräsentative qualitative Befragung von Jugendlichen im Alter zwischen 14–17 Jahren), Sinus-Institut, S. 321; https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/311857/sinus-jugendstudie-2020-wie-ticken-jugendliche
[12] Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (MPFS) (Hrsg.) (2021): JIM-Studie 2021. S. 47f.
[13] Ebd., S. 56f.
[14] Kunz, Christian (2019): Google liefert offizielle Zahlen zum täglichen Suchevolumen; https://www.seo-suedwest.de/5431-google-liefert-offizielle-zahlen-zum-taeglichen-suchevolumen.html; Abgerufen am 20.04.2021.
Dieckmann, Tanja (2021): DuckDuckGo: Mehr Such- anfragen denn je zuvor; https://www.heise.de/news/DuckDuckGo-Mehr-Suchanfragen-denn-je-zuvor-5028710.html; Abgerufen am 22.04.2021.
[15] Quinn, Molly (2021): Tap into fan power with new YouTube Select sponsorships; https://blog.google/products/ads-commerce/connect-around-moments-that-matter-youtube/; Abgerufen am 22.04.2021.
[16] Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (MPFS) (Hrsg.) (2021). JIM-Studie 2021. S. 53.
[17] Vgl. Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) (2018): Euphorie war gestern. Die »Generation Internet« zwischen Glück und Abhängigkeit. DIVSI U25-Studie 2018. S. 106; https://www.divsi.de/publikationen/studien/divsi-u25-studie-euphorie-war-gestern/index.html; Abgerufen am 27.09.2021.
[18] Vgl. Engels, Barbara (2018): Datenschutzpräferenzen von Jugendlichen in Deutschland. IW-Trends 2/2018. Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V.; https://www.iwkoeln.de/studien/barbara-engels-datenschutzpraeferenzen-von-jugendlichen-in-deutschland.html; Abgerufen am 22.04.2021.