menu

Cybergrooming-Studie 2024 der Medienanstalt NRW: Kinder und Jugendliche wünschen sich mehr Hilfs- und Beratungsangebote

Heutzutage ist es leicht, über soziale Medien oder Messenger-Dienste mit anderen zu kommunizieren. So kann man sich schnell und einfach mit den eigenen Eltern, Freund*innen oder Bekannten austauschen und Beziehungen pflegen. Jedoch nutzt knapp ein Drittel der Kinder und Jugendlichen das Internet auch, um neue Kontakte zu Fremden zu knüpfen. Allerdings weiß man dabei nicht immer, wer tatsächlich hinter einem Account steckt und Kinder und Jugendliche können mit Personen in Kontakt kommen, die negative Absichten haben. Erwachsene bzw. Täter*innen sprechen Kinder möglicherweise mit dem Ziel an, sie sexuell zu belästigen oder sogar zu missbrauchen. Diese gezielte Ansprache im Netz nennt man Cybergrooming. Die diesjährige Studie „Kinder und Jugendliche als Opfer von Cybergrooming“ der Landesanstalt für Medien NRW beschäftigt sich damit, welchen Formen von Cybergrooming 8- bis 17-Jährige derzeit ausgesetzt sind, wer die Täter*innen sind und welche Informations- und Hilfsangebote Kinder und Jugendliche sich wünschen.

Ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen war bereits von Cybergrooming betroffen

Schon ab dem 12. Lebensjahr steigt die Zahl der Kinder, die schon einmal Opfer von Cybergrooming waren, rasant an. Kontakt zu Täter*innen entsteht beispielsweise über Instagram (13%), WhatsApp oder Facebook (jeweils 11%), Snapchat (10%) oder vor allem bei jüngeren Kindern auch über TikTok (9%). Aber häufig kennen die Betroffenen die erwachsenen Täter*innen auch im realen Leben oder entfernter durch Freund*innen. Ältere Jugendliche werden vor allem von Tätern, die sich als männlich präsentieren, mit unangemessenen Nachrichten konfrontiert, während Jugendliche unter 15 Jahren zumeist von vermeintlich weiblichen Täterinnen kontaktiert werden. Oft geben diese vor, gleichaltrig zu sein und gemeinsame Interessen zu teilen (38%), machen ihnen Komplimente (28%) oder zeigen Verständnis für eine schwere Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen (19%). In beinahe einem Sechstel aller Fälle geben die Täter*innen ihre wahren Absichten dabei nicht sofort preis, sondern gewinnen erst deren Vertrauen durch wiederholten Kontakt.

Nachdem längere Zeit miteinander geschrieben wurde, fangen die Täter*innen an, Forderungen zu stellen. Etwa, dass ihre Opfer sich persönlich mit ihnen treffen (16%) oder ihnen Nacktbilder oder -videos von sich schicken sollen (10%). Um ihre Forderungen erfüllt zu bekommen, versprechen Täter*innen oft etwas, das die Betroffenen haben möchte, so wie Kleidung, In-Game-Währung oder Geld (12%) oder geben sich als ein Talentscout oder Fotograf aus (10%). Auch verschicken sie häufig eigene Nacktbilder, um den Kindern und Jugendlichen einen Austausch sexueller Inhalte aufzuzwingen (11%). Die erhaltenen privaten Informationen und intimen Bilder und Videos werden oft zur weiteren Erpressung verwendet, z. B. wird mit deren Veröffentlichung gedroht oder dass sie an Familie und Bekannte geschickt werden oder seltener auch mit Personenschaden an dem*der Betroffenen selbst oder an Familie und Freund*innen.

Kinder wünschen sich mehr Informations- und Hilfsangebote zu Cybergrooming

Obwohl die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen angibt, sich gut oder sogar sehr gut mit Cybergrooming auszukennen, berichten dennoch vor allem jüngere Kinder, dass sie nicht wissen, wie sie sich im Fall von Cybergrooming verhalten zu haben. Trotz der Tatsache, das die meisten Kinder und Jugendlichen auf unangemessenes Verhalten damit reagieren, dass sie die Person blockieren (61%) und den Kontakt abbrechen (51%), sich an eine Vertrauensperson wenden (40%), die Person bei der Plattform melden (33%) und Screenshots als Beweise machen (27%), gibt dennoch ein Viertel aller Betroffenen an, dass sie trotzdem weiterhin Kontakt zu dem*r Täter*in gehalten haben, nachdem sie herausgefunden haben, dass der*die Chatpartner*in erwachsen ist. Hauptgründe dafür waren, dass die Person ihnen Komplimente gemacht hat und sie es cool fanden, dass eine ältere Person an ihnen Interesse zeigte, dass sie ihnen mit ihren Problemen geholfen hat oder einfach, weil andere in ihrem Umfeld das „auch machten“ und sie „mal sehen wollten, was passiert“.

Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche über Risiken der Online-Kommunikation aufgeklärt werden, für mögliche Gefahren sensibilisiert werden sowie wissen, wie sie sich wehren können und wo sie Hilfe finden. Viele Kinder und Jugendliche wünschen sich, dass das Thema in der Schule stärker behandelt wird (62%), dass mehr Chancen geschaffen werden, um es mit den Eltern (42%) und Gleichaltrigen (34%) zu besprechen und dass es mehr Beratungs- und Hilfsangebote wie Meldestellen (29%), polizeiliche Initiativen (29%) und Hilfshotlines und Mailservices gibt (26%). Viele der Befragten gaben auch an, Hilfs- und Beratungsstellen zwar zu kennen, diese aber nicht zu nutzen. Dies liegt wahrscheinlich unter anderem daran, dass es über einem Viertel der Kinder und Jugendlichen unangenehm ist, über Cybergrooming zu sprechen und 31% keinen Ansprechpartner haben, dem sie sich in solch einem Fall anvertrauen können.

Die unten aufgelisteten Ressourcen können dabei helfen, sich über Cybergrooming zu informieren und Lehrkräfte dabei unterstützen, das Thema im Unterricht aufzuarbeiten und Kindern und Jugendlichen Hilfs- und Beratungsangebote näherzubringen.

Vorgestellt: Neues Unterrichtsmaterial zu den Themen „Digitale Gewalt“ und „Cybergrooming“ von WAKEUP!

Die Initiative WAKEUP! — ein gemeinsames Projekt von Telefónica Deutschland, der FSM und weiteren Partnern hat neue Unterrichtsmaterialien zu den Themenbereichen „Digitale Gewalt“ und „Cybergrooming, Belästigung und Erpressung“ erstellt. Dieses soll Lehrkräfte dabei unterstützen, das Thema Cybermobbing und weitere Formen von digitaler Gewalt in der Schule zu behandeln. Ziel ist es nicht nur, ein größeres Verständnis für die verschiedenen Arten von Cybermobbing und deren Auswirkungen zu entwickeln. Schüler*innen sollen auch dazu ermutigt werden, sich aktiv gegen Cybermobbing einzusetzen und sich in Notsituationen Hilfe zu suchen. 

Das neue Unterrichtsmaterial eignet sich für die Klassenstufen 6–9 und ist komplett kostenfrei. Es stellt eine Ergänzung zu dem bisher veröffentlichten Material von WAKEUP! dar. Sämtliche Materialien lassen sich auf der Webseite von WAKEUP! finden. Die Initiative WAKEUP! von o2 wird umgesetzt in Zusammenarbeit mit der FSM, der Bildungsagentur YAEZ und weiteren Partnern, u.a. der Cybermobbing-Hilfe e.V.

Neue eduStories: „Digitale Gewalt“ und „Cybergrooming, Belästigung und Erpressung“ 

Die bereits erschienenen drei eduStories mit den Themenschwerpunkten „So erkennst du Cybermobbing“, „Cybermobbing: Mobben, Haten & Trollen“ und „Cybermobbing: So kannst du dich wehren!“ wurden durch zwei neue Einheiten ergänzt. 

Die eduStory „Digitale Gewalt“ bietet eine Übersicht über die Themen der vorherigen eduStories und fasst die darin behandelten Phänomene wie Cybermobbing, Hate Speech und Trollen unter dem Überbegriff „digitale Gewalt“ zusammen. Es verschafft einen Überblick über die verschiedenen Formen, Erscheinungsweisen und Ursachen von digitaler Gewalt und liefert erste Lösungsansätze und Anlaufstellen. 

Die zweite Einheit „Cybergrooming, Belästigung und Erpressung“ hingegen beschäftigt sich konkret mit drei weiteren Formen von digitaler Gewalt. Sie geht näher auf deren Besonderheiten und Risiken ein und darauf, wie man solche Situationen erkennen und sich davor schützen kann. 

Interaktive Unterrichtseinheit mit dem „digitalen Tafelbild“ 

Des Weiteren wurde ein digitales Tafelbild entworfen, welches die Inhalte der fünf eduStories auffrischen und festigen soll. Das Tafelbild wurde als eine fertige Unterrichtsstunde von 45 Minuten konzipiert und kann ohne große Vorbereitung oder zusätzliche Ressourcen verwendet werden. Nur ein Beamer und eine Leinwand bzw. eine digitale Tafel werden zur Durchführung benötigt. Schüler*innen müssen über keine eigenen Endgeräte verfügen. 

Die Unterrichtsstunde beinhaltet die Wissensanteile der eduStories, bietet jedoch zusätzlich noch die Möglichkeit zum Austausch innerhalb des Klassenverbandes. Schüler*innen können ihre Eindrücke und Gefühle zu den verschiedenen Formen von digitaler Gewalt äußern und zusammen Lösungsansätze und Handlungsmöglichkeiten diskutieren. 

Zusatzmaterial 

Zusätzlich zu den eduStories und dem digitalen Tafelbild stellt WAKEUP! noch weiteres Zusatzmaterial bereit. Unter anderem befinden sich darunter zwei weitere Entwürfe für Unterrichtsstunden, in denen Schüler*innen entweder ein Poster zum Thema „Faires Miteinander im Netz“ designen können oder sich nochmal gezielt mit der eduStory 5 über Cybergrooming & Co. auseinandersetzen können. Außerdem findet sich dort auch eine sechsteilige Webserie zum Thema Cybermobbing, welche gemeinsam anhand der vorgefertigten Aufgaben behandelt und besprochen werden kann, sowie eine Liste an Hilfs- und Beratungsstellen