„Jeder macht sich seine Nachrichten selbst“ – so beschrieb Steven Erlanger der New York Times Europe auf der Münchener Sicherheitskonferenz – vielleicht ein wenig übertrieben oder dystopisch – aktuelle Tendenzen und Veränderungen im öffentlichen und vor allem digitalen Diskurs.

Was wir vor kurzem noch als positive Eigenschaften des digitalen Raumes geschätzt haben, scheint sich gerade in Zeiten von Fake News, der Verbreitung von Verschwörungstheorien und populistischen „Hetzwellen“ ins Gegenteil verkehrt zu haben: nicht die Möglichkeiten der Teilhabe, Gestaltung und Veränderung von Gesellschaft durch technologiebasierte Instrumente steht mehr im Mittelpunkt, sondern der Missbrauch dieser Möglichkeiten von einer – eher kleinen – Minderheit. Diese Minderheit hat jedoch großen Einfluss darauf, wie wir Debatten, Disput, Meinungen und Positionen im Internet wahrnehmen.

Und dabei geraten besonders wichtige Akteure immer mehr unter Druck: Diensteanbieter, Verfechter der Meinungsfreiheit im digitalen Raum und auch der Journalismus. Sie alle sind unterschiedlichen Vorwürfen ausgesetzt und suchen nach Instrumenten, Wegen und Mitteln, sich schlichtweg gegen Falschäußerungen, Lügen oder Diffamierungen zur Wehr zu setzen. Dabei suchen sie auch selbst nach eigenen Verantwortlichkeiten und Veränderungsmöglichkeiten, um Vertrauen zurückzugewinnen.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion „Zahnloser Tiger statt vierte Gewalt? – Online­journalismus in Zeiten von Hate, Fake und Populismus“, die gemeinsam von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb und FSM veranstaltet wurde, diskutierten am 30. Mai 2017 Arne Busse (bpb), Martin Drechsler (FSM), Manfred Protze (Sprecher des Plenums des Deutschen Presserats), Ariane Reimers (ARD-Hauptstadtstudio) und Uwe Krüger (Universität Leipzig) die neuen sich ergebenden Aufgaben für Journalismus, Diensteanbieter und Bildung. Zentral waren in der Diskussion die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Aufgaben des Journalismus und seiner Nutzerschaft. Sollten Leser*innen Grundlagen einer journalistischen Kompetenz besitzen oder wird damit eine Aufgabe abgewälzt? Welche Instrumente und Formate haben sich durch den digitalen Raum etabliert und wie unterscheiden sie sich von klassischen Formaten? Haben sich die Themen und Anforderungen der  journalistischen Verantwortung, Leitfunktion von Medien, Wirtschaftlichkeit und Schnelligkeit gerade durch den digitalen Raum noch einmal verschärft?

Anschließend stellten die Partner Amadeu Antonio Stiftung und FSM das neue Unterrichtsmaterial „Meinung im Netz gestalten vor. Es bereitet die Themen Meinungsbildung im Netz, Journalismus im digitalen Raum und Verbreitung von Falschinformationen und Verschwörungstheorien im Internet für den schulischen Kontext auf. In vier Modulen erhalten Lehrkräfte die Möglichkeit soziale Netzwerke und Internetdienste als wichtige Informationsquelle und Austauschplattform zur Meinungsbildung im Unterricht mit ihren Schülerinnen und Schülern zu behandeln. Dabei geht es um die Inszenierung und Handlungsweisen in sozialen Netzwerken, die Suche und Bewertung von Informationen oder das Vertreten von Positionen, Meinungen und Ansichten im Internet. Ziel ist es, Jugendliche für die eigenen Meinungsbildungsprozesse zu sensibilisieren, ihnen ihre Verantwortung bewusst zu machen, sie Gestaltungsmöglichkeiten erkennen zu lassen und zu ermutigen, ihre Ideen und Wünsche für ein demokratisches Netz zu formulieren und aktiv in die öffentliche Debatte einzubringen.

Das Unterrichtsmaterial „Meinung im Netz gestalten“ ist teil des Angebotes Medien in die Schule, das zahlreiche Inhalte und Themen der Medienbildung für den Lernraum Schule aufbereitet. Das Projekt wird von den Partnern FSM, FSF und Google Deutschland umgesetzt und durch die Bundeszentrale für politische Bildung, Amadeu Antonio Stiftung, Auerbachstiftung u.a. unterstützt.